Modul 3 – Es war schon immer so
Nach der Lektüre der ersten beiden Folgen unsere Serie wissen Sie bereits, dass Übergewicht zu einem großen Teil eine Folge Ihrer Gewohnheiten ist. Darüber hinaus haben Sie erfahren, welcher Ess-Typ Sie sind. Nun befassen wir uns mit einem weiteren, wichtigen Aspekt: Er beleuchtet Ihr Leben im Allgemeinen und geht der Entstehung Ihrer Gewohnheiten auf den Grund.
Vieles von dem, was wir tun, wird von unserem Unterbewusstsein beeinflusst. Damit meine ich nicht die Abläufe in unserem Leben, die von Automatismen gesteuert werden (Folge 2 unserer Serie), sondern jenes Verhalten, das wir zeigen, wenn es um Lebenseinstellungen und -ansichten, Konflikte und Reaktionen geht. Einige dieser Einstellungen sind uns angeboren, so dass wir sie kaum in Schach halten können. Ein passendes Beispiel ist der Geiz. Etwas abzugeben ist nicht die Maxime eines Menschen, den wir als geizig bezeichnen. Er möchte alles für sich behalten, ohne es mit anderen zu teilen. Auf die Essgewohnheiten lässt sich diese Tatsache jedoch nur bedingt projizieren, denn längst nicht jeder, der als geizig gilt, leidet auch an Übergewicht. Problematisch wird es jedoch dann, wenn der Geiz – sich selbst gegenüber – dazu führt, sich vornehmlich von billigem Fastfood zu ernähren. In diesem Fall nützt es dem Übergewichtigen wenig, zu wissen, dass er als Nahrungstyp ‚gesättigt‘ gilt, wenn nicht die Erkenntnis ein Umdenken erzeugt.
Vornehmlich sind es Erlebnisse aus unserer Kindheit, die unsere Essgewohnheiten prägen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind dicker Eltern rank und schlank aufwächst, liegt gerade einmal bei 25 Prozent. ‚Vormachen – nachmachen‘ lautet das Prinzip; eine Erläuterung ist wohl nicht vonnöten. Tiefer wurzelt die Problematik, wenn die Zusammenhänge zwischen dem Übergewicht und dem früher Erlebten nicht offensichtlich zutage treten; also irgendwo im Verborgenen schlummern. Ein weiteres Beispiel: Manuelas Eltern sind in der Nachkriegszeit aufgewachsen. Ihr Leben war durch den Wiederaufbau unseres zerstörten Landes bestimmt. Ansprüche an sich selbst haben sie fast nie gestellt. Wie viele ihrer Zeitgenossen ergaben sie sich nach dem verlorenen Krieg ihrem Schicksal und wuchsen zu folgsamen Bürgern heran. Eine Eigeninitiative und somit ein gewisses Maß an Selbstbestimmung haben sie nur dann ergriffen, wenn es um das Nötigste ging. Meist kochte Manuelas Oma. Aus den spärlichen Vorräten zauberte sie bisweilen ein schmackhaftes Mahl, das die Familie ernährte. (Damals wog eine dreißigjährige Frau im Durchschnitt 52 Kilogramm; heute bringt sie fast 10 Kilogramm mehr auf die Waage). Das sogenannte Wirtschaftswunder ließ die Bürger am aufkeimenden Wohlstand teilhaben. Die Kost wurde deftiger und kalorienhaltiger. Und zur Belohnung gab’s eine Tafel Schokolade. So war es immer und fast alle sind damals so aufgewachsen.
Zum Leidwesen der (heute übergewichtigen) Menschen trug der technologische Fortschritt bei: Die körperliche Anstrengung im Beruf wurde mehr und mehr durch neue Maschinen gewährleistet –, die Arbeiterwaren fortan nur noch Erfüllungsgehilfen. Die Mahlzeiten aber, waren nach wie vor üppig. Fragt man Manuela heute, warum sie an Übergewicht leidet, dann antwortet sie mit einem Achselzucken. Manchmal sagt sie aber auch: „Das war schon immer so.“
In diesem Beispiel spielt die Gewohnheit eine überragende Rolle. Manuelas erklärender Satz „Das war schon immer so.“ ist sowohl eine gewisse Form der Resignation als auch eine Akzeptanz des Althergebrachten. Doch wenn sie mal ganz ehrlich wäre, dann würde sie ihr Schlabber-T-Shirt und die Jogginghose nur allzu gerne gegen ein Designerkleid tauschen und gertenschlank auf dem Ball am Abend tanzen gehen. Aber sie ist eben nicht ehrlich mit sich selbst, weil es ihr mühsam und gleichsam unnötig erscheint, etwas an ihrem Leben zu ändern. Um etwaige negative Reaktionen oder Vergleiche in Bezug auf ihr Äußeres zu umgehen, klinkt sie fast alles, was sie kompromittieren könnte, ganz einfach aus. Sie liest keine Modezeitschriften, sie kauft ihre Kleidung anonym via Internet und schwimmen geht sie schon seit Jahren nicht mehr. Ihr Freundeskreis ist sorgsam ausgewählt: Bis auf Lydia, eine normalgewichtige Mittvierzigerin, die sie seit der Kindergartenzeit kennt, sind alle ihre Freundinnen recht füllig, ganz nach dem Motto ‚gleich und gleich gesellt sich gern‘. Und wenn sie alles zusammensitzen und über Gott und Welt plaudern, dann schert es Manuela wenig, dass sie zu dick ist. Selbstredend steht dieses Thema bei diesem Treffen nicht auf der Tagesordnung. Es bietet sich auch keinerlei Anlass, denn die Freude, beieinander zu sein und gemeinsam zu essen und zu trinken, überwiegt jedweder Kritik, die einen solchen Schmaus nur unwillkommen trüben würde. Säße Manuela in illustrer Runde mit ebenso vielen schlanken Frauen zusammen, dann würde sie vor lauter Scham kaum einen Happen essen. Denn dann, ja genau dann würde ihr bewusst werden, dass sie nicht der Norm entspricht. „Das ist doch alles nur dem Schlankheitswahn geschuldet!“ mag die ein oder andere nun spontan einwenden. „Sehr bedingt“, lautet die Antwort. Manuelas Cholesterinwerte übersteigen seit Jahren deutlich die Obergrenze, sie läuft Gefahr, an Diabetes zu erkranken, und ihr Blutdruck ist viel zu hoch. Zudem erinnert die Haut ihres Pos – ohne viel Fantasie – an einen Luftballon, der eine Woche lang unter dem Wohnzimmertisch lag.
Sowohl der Prozess ihrer Erziehung als auch die daraus resultierenden Gewohnheiten haben Manuela in die missliche Lage gebracht. Hätten ihre Eltern damals die Weichen anders gestellt (was ihnen nicht anzulasten ist, weil sie nach dem Krieg in ein Fahrwasser geraten sind, das die Möglichkeit einer Einflussnahme minimierte), wäre ihr Kind heute mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so dick. Wäre Manuela nicht so mir nichts, dir nichts in scheinbar unabänderliche Gewohnheiten verfallen, dann hätte sie längst die Reißleine gezogen. Die Warnungen ihres Arztes hat sie in den Wind geschlagen und auch vieles andere, was dazu geführt hätte, Abhilfe zu schaffen, hat sie ignoriert. Nun wird wohl alles so bleiben wie es immer war.
Robin
25. April 2016 um 17:07
Meine Freundin hat ein paar Pfunde mehr auf den Hüften und ich finde es toll!
Man muss nicht schlank sein um schön zu sein. Ich denke viele Männer stehen eher auf Kurvige Frauen ;)
Verena
21. April 2016 um 12:48
Verehrte Redakteurin,
Sie sprechen mir aus der Seele. Der Hang zum Übergewicht wird schon in der Kindheit erzeugt. Meine Mutter, eine wohlgenährte Dame, hat uns geradezu gemästet. Doch eigentlich hat sie es nur gut gemeint. Wann immer wir wollten, gab’s Süßigkeiten, Pommes, die ganze Palette. Schon mit 10 Jahren bekam ich die Quittung. Mit 20 litt ich an Bluthochdruck und meine Blutwerte waren besorgniserregend. Vor zwei Monaten, mit 36, habe ich mir ein Magenband anlegen lassen. Mein Arzt hatte mir dazu geraten. Von 92 Kilo bin ich jetzt auf 81 runter. Immer noch viel zu dick, das weiß ich. Aber immerhin schon ein Fortschritt. Ich bin optimistisch!
Viele Grüße
Belle Experts Redaktionsteam
21. April 2016 um 13:20
In Kürze werden wir einen Artikel zum Thema „Magenband“ veröffentlichen.
Britta
20. April 2016 um 21:26
Die perfekte Anleitung für eine neue Einstellung zum Essen! Ein großes Lob an die Redakteure von Belle Experts – es gelingt zwar nicht von heute auf morgen, aber das Verständnis steigt von Tag zu Tag.
Britta
Sabine
24. April 2016 um 20:50
Ergänzend dazu ist Yoga sehr zu empfehlen! Hier kommt man runter und beschäftigt sich mit sich!