Gesundheit

Vorsicht Faszien!

Unkenntnis kann zu Erkrankungen führen

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Nicht jeder weiß so recht, was es mit dem Begriff Faszien auf sich hat. Belle-Experts hat für Sie recherchiert. Lassen Sie sich nicht abschrecken durch die ersten, recht nüchternen Zeilen, die einzig Ihr Verständnis schärfen mögen. Die Erkenntnis ist – wie so oft – ins Ende eingebettet, und bis dahin sollten Sie lesen.

Faszien ist der medizinische Begriff für Bindegewebe. Sie umschließen Knochen, Organe, Drüsen, Nerven und Muskeln und ermöglichen den Abtransport von Schadstoffen über das Lymphatische System. Gleichzeitig werden unsere Zellen über diese Kanäle mit Aufbaustoffen versorgt. Dabei sind die Faszien darauf angewiesen, dass die Muskeln ausreichend bewegt werden, denn nur so bleibt das Lymphsystem ständig aktiv. Verspannen sich die Muskeln, nimmt unser Körper automatisch eine Schonhaltung ein. Die betroffenen Muskeln werden in der Folge nicht mehr oder nur unzureichend beansprucht. Über die Lymphflüssigkeit wird auch der Blutgerinnungsstoff Fibrinogen transportiert. Staut sich die Lymphe aufgrund einer verhärteten Faszie, wird das Fibrinogen zu Fibrin abgebaut, einer Art Klebstoff, der bei der Wundheilung aktiv wird. Ist nun jedoch keine Wunde in der unmittelbaren Umgebung vorhanden, verklebt dieses Protein das Fasziengewebe. Die Folge: Der Muskel kann nicht mehr so arbeiten, wie er es vorher getan hat. Er ist in seiner gewohnten Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Da sich aber das Volumen des Muskels nicht nach Belieben verringern kann, weitet er sich in eine Richtung aus, die noch nicht durch eine verhärtete Faszie versperrt ist. Dieser unnatürliche Vorgang kann dazu führen, dass der Muskel benachbarte Bereiche seines Wirkungskreises beeinflusst oder sogar stört. Auf diese Weise kann es zu Erkrankungen kommen.

Die Beziehungen der einzelnen Faszien zueinander sind noch nicht ausreichend erforscht. Bekannt ist jedoch, dass sie – ähnlich unserem Blutsystem – wie ein Spannungsnetzwerk miteinander verbunden sind. Vermutet wird, dass die Faszien eine Art Kommunikation untereinander betreiben, was sie – vielleicht deshalb, weil einiges noch im Dunkeln liegt – recht schnell ins Licht manch einer obskuren Theorie gerückt hat. Verwunderlich ist dies nicht, denken wir nur an die ersten Ansätze der Homöopathie, die von vielen auch nicht ganz ernst genommen wurden. Tatsache ist, dass es Therapien gibt, die geeignet sind, verhärtete Faszien zu entspannen. Zu ihnen zählen die Osteopathie, Senmotic und das Rolfing.

Chronischer Stress ist Gift für die Faszien. Er spannt sie dauerhaft, ohne dass der Muskel an dieser Spannung beteiligt ist. Nach einiger Zeit verlieren die Faszien ihre Elastizität und der Muskel verschiebt sich in eine Richtung, die angrenzende Bereiche negativ beeinflussen kann. Ist die Ordnung erst einmal durcheinander gebracht, kann sich eine Kettenreaktion ergeben. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Stellen Sie sich Folgendes vor: Ein Karton ist mit aufgeblasenen Luftballons bis oben hin gefüllt. Die Ballons symbolisieren Muskeln, Organe und fast alles, was sich im Inneren unseres Körpers befindet. Die Außenhaut der Luftballons sind die Faszien. Wenn Sie nun einen der Ballons zusammendrücken und ihn nicht wieder loslassen (eine verhärtete Faszie), dann verschiebt sich das Volumen des Ballons, das ja nicht entweichen kann, in meist mehrere Richtungen. Da sich aber dort kein Platz befindet, weil alle Ballons dicht an dicht platziert sind, drückt der Ausgangsballon sein Volumen in die angrenzenden hinein. Die unmittelbar daneben positionierten erfahren den höchsten Druck, aber auch die weiter weg liegenden werden tangiert. So kann es geschehen, dass die verhärtete Faszie eine fünfzig Zentimeter entfernte Nervenbahn einklemmt, was zu Schmerzen an einer Stelle führt, die mit der eigentlichen Ursache rein gar nichts zu tun haben. Fahndet nun ein Mediziner nach dem Auslöser, so wird er ihn ganz ohne weiteres nicht entdecken.

In den 1970-er Jahren sorgte das sogenannte Fernfahrer-Syndrom für Aufsehen in der Welt der Medizin. Bei nicht wenigen Lenkern der großen Brummies wurde ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Die Schmerzen, unter denen die Kraftfahrer litten, waren eindeutig. Viel später erst klärte sich ein Zusammenhang auf, der geradezu verblüffend wirkt: Die besagten Fernfahrer trugen ihr Portemonnaie stets in einer Hintertasche ihrer Hose bei sich. Auch während der Fahrt. Tagein, tagaus drückte die Geldbörse auf das Bindegewebe und den Muskel am Po. Die Faszien verhärteten sich zusehends. Dem Muskel blieb nichts anderes übrig, als sich zur Wirbelsäule hin auszudehnen. Dort presste er die Nervenbahnen, die in der Folge zu den Schmerzen führten. Die Ärzte waren erst einmal auf dem Irrweg, weil sie einzig die Beschwerden und den Beruf des Leidenden fokussierten. Und dass es da einen Zusammenhang geben kann, allein schon deshalb, weil ein Fernfahrer oftmals große Lasten schleppen muss, steht wohl außer Frage.

Das Smartphone in einer der Gesäßtaschen der Hose zu verstauen, hat sich mittlerweile eingebürgert. Doch selbst, wenn es viel flacher ist als das Portemonnaie der Trucker, übt es einen Druck auf den Gesäßmuskel aus und kann somit zu einer Verhärtung der Faszien führen. Wenn Sie’s also schon ständig bei sich tragen, dann auf keinen Fall dort.

Vom Job ins Fitnessstudio? Wer gleich nach der Arbeit seinen Body trainieren möchte, der sollte keinesfalls – völlig unvermittelt – mit dem Powerprogramm starten. Hilfreicher ist es, langsam und umsichtig zu Werke zu gehen. Wenn der Körper nicht mithalten kann, dann harmonieren auch Faszien und Muskeln nicht. Damit endlich Ruhe einkehrt – und nun verknüpfe ich den chronischen Stress mit den Über-, Dauer-, und Fehlbelastungen –, sollten Sie vor allem eines beherzigen: Viel Bewegung ohne allzu große Anstrengung. Unsere Muskeln und mit ihnen unser gesamter Organismus verlangt nach Slowmotion!

Pilates kann ein Heilsbringer sein, auch Thai-Chi oder Yoga. Ausgefallene Massagetechniken sind geeignet, Verspannungen der Faszien zu lockern. Nun liegt es an Ihnen.

1 Kommentar

  1. Helma Brogstedt

    10. September 2019 um 9:57

    Ich habe diesen Artikel zweimal gelesen. Die vielen Beispiele sind wirklich klasse. Jetzt habe ich endlich verstanden, was Faszien sind und welche Aufgabe sie erfüllen. Danke für diese Ausführungen!

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