Frauengespräche

Ich sehe was, was du nicht siehst

Das Schattendasein der Dessous

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Wer einmal eines dieser kleinen Lädchen aufgesucht hat, in denen Unterwäsche feilgeboten wird – und das betrifft wohl jeden von uns –, der kommt meist aus dem Staunen nicht mehr heraus. Was es da alles gibt! Am liebsten möchte man gleich alles mitnehmen, doch leider, leider sind die entzückenden Objekte der Begierde nicht nur wunderschön sondern bisweilen auch richtig kostspielig. Seis drum: Manch einer gönnt sich den Spaß und kehrt mit einer prallgefüllten Tüte heim. Sogleich geht es ans Anprobieren. In aller Seelenruhe vor dem Spiegel lässt man noch einmal all das Revue passieren, was bereits im Schnelldurchgang im Geschäft erlebt wurde. Mitunter ist auch der Partner zugegen, doch das ist eher selten, denn erst einmal gilt es, die Dessous selbst in Augenschein zu nehmen, bevor dann alles in der Wäsche landet.

Tags darauf die Generalprobe. Gleich morgens die erste Kombi aus dem Trockner geholt. Passt perfekt. Und steht mir gut, wie ich finde. Doch was wird ER sagen? Wie zufällig gehe ich halbnackt durchs Schlafzimmer. Im Radio Nachrichten. Keine Reaktion. Ganz leger schlenze ich mich zu ihm aufs Bett. Keine Reaktion. Weder ein schönes Kompliment noch eine Einladung zum Morgenschläfchen. Eine meiner Freundinnen hat ganz und gar das Gegenteil erlebt, doch wer will schon ‘nen lieben Mann?

Ziemlich alleine stehe ich nun da mit all den neuen Dessous, die eigentlich niemand (außer mir) sehen, noch wertschätzen mag. Und während ich so darüber nachdenke, wird mir bewusst, dass die Unterwäsche an sich ein Leben wie ein Einsiedler führt. Verborgen unter all dem, was sichtbar ist, was um Anerkennung buhlt – und sie bisweilen auch erfährt – fristet sie ein pures Schattendasein. Der Schatten taucht sie ins Dunkel, der Schatten verhüllt sie, ebenso wie sie selbst das verhüllt, was die Männer so sehr begehren.

Einige Tage später kehren wir von einer Party heim. Ein wunderschöner Abend. Als ich mich, vor dem Spiegel stehend, abschminke, entdeckt er eines dieser Schmuckstücke aus dem besagten Lädchen. Kein Zweifel. Er hat es entdeckt! „Gefällts dir?“ flüstere ich stumm. Schon gleitet mein Höschen hinab.

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