Frauengespräche

Meine Haare sind fein wie Seide

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Wenn andere Frauen mit ihrer Lockenmähne prahlen, halte ich den Mund. Nicht, weil ich introvertiert bin oder scheu. Und neidisch schon gar nicht. Was die Männer so alles denken! Sie sind es doch, die uns den Kopf verdrehen. Den langhaarigen, den blonden, den rassig schwarz-braunen. Zugleich aber auch jenen, deren Gesichter vor lauter Haar-Geflimmer kaum noch zu erkennen sind. Köpfe sind halt Köpfe.

Mein Kopf ist ein schmaler. Ein solcher, der gemeinhin mit der Form einer Carrera-Rennbahn der einfachsten Ausführung verglichen werden kann. Zwei langgezogene Geraden münden jeweils zuoberst und zuunterst der Rennstrecke in ebenso viele Kurven. Mehr nicht.

Dass meine Haare ultra-dünn von oben nach unten fließen, erinnert an den schmalen Grünstreifen, der den Parcours – den ich mir gerade ausgedacht habe – spartanisch umsäumt. Schließlich steht das Autorennen im Vordergrund. Alle Männer sind mit dabei. Sie schauen gebannt auf all das, was die heulenden Kurven so alles zu bieten haben.

Einen Moment lang haben sie mich aus den Augen verloren. Mich, die sich duckt, um nicht aufzufallen. Dabei bin ich zufrieden – so ganz und gar. Mein dünnes Haar ist so fein wie Seide und so kostbar wie jeder Strang dieses edlen Gewebes. Allmorgendlich durchfahre ich es mit den fragilsten aller Bürsten ganz sanft, geradeso als berührte ich den Himmel.

Die Männer starren mich an. Mich – diejenige. Auf einmal fühle ich eine Genugtuung in mir aufsteigen. Aufgeregt atme ich die warme Luft der Begierde. Hand in Hand flanieren wir durch die Straßen der Alltäglichkeit. Völlig unvermittelt sagt er endlich: „Du siehst richtig toll aus!“ Ich hatte darauf gewartet.

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