Frauengespräche

Powerfrauen

Die Dominanz des Schwachen Geschlechts

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Als der Sommer begann, trieb es mich auf eine dieser neuartigen Partys, die wohl eigentlich einzig und allein deshalb ins Leben gerufen wurden, um einen zusätzlichen Grund zum Feiern zu schaffen. Schools-Out-Party hieß diese zwanglose Zusammenkunft von gut einem Dutzend Lehrern mitsamt ihrer Partner im Garten eines Freundes. Die Sommerferien hatten begonnen.

„Wie ist denn deine Praxis angelaufen?“ fragte eine der Anwesenden eine junge Frau, die ich nicht kannte. „Perfekt, einfach perfekt!“ entgegnete sie und prahlte: „Ich kann mich vor Patienten kaum noch retten, es ist gigantisch.“ „Dann hast du wohl kaum noch Zeit, dich um Euren Garten und den Hund zu kümmern“, wandte eine Bekannte ein. „Wir haben jetzt einen Gärtner, der nach dem Rechten schaut, unsere Nachbarstochter führt gleich morgens unseren Labrador aus und bessert auf diese Weise ihr Taschengeld auf. Und Arno ist ja auch noch da. Er kommt doch eh bereits um zwei Uhr aus der Schule.“ Mit Arno war ihr Mann gemeint. Ein ruhiger Typ, der an unserer Schule Kunst und Deutsch unterrichtete.

Der Abend nahm seinen Lauf. Als die Sonne unterging, wurde ein kleines Buffet eröffnet. Ein Kollege grillte Bratwürstchen. Nach und nach bildeten sich drei, vier Grüppchen, die über dieses und jenes redeten. Die Stimmung war ausgelassen. Es war wohl um die Mitternacht – wir hatten schon reichlich dem Wein zugesprochen – als sich die erfolgreiche Ärztin erneut präsentierte: „Wenn es so weiterläuft, dann werde ich die Praxis gleich im kommenden Jahr ausbauen“, hörte ich sie sagen und zuckte gelassen mit den Schultern. ‚Das wär’s mir nicht wert‘, befand ich und dachte an unsere beiden Töchter, die – neben meinem Beruf als Lehrerin – für mich im Mittelpunkt meines Lebens standen.

Erfolg um jeden Preis ist eine Maxime, die Powerfrauen antreibt. Nur eine Generation zuvor standen die Heimchen noch am Herd und waren darum bemüht, ihren Männern jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, wenn diese – ausgepowert von der harten Arbeit – nach Hause kamen. Kindeserziehung inklusive. Heute ist alles anders. Die Trendwende ist längst erreicht. Über den großen Teich schwappt eine Erhebung des ‚Pew Research Center‘, die besagt, dass nun erstmals die Gruppe der 30 – 44-jährigen Frauen bei der College-Erziehung die Männer überwiegen. Was damals, als Alice Schwarzer noch für die Rechte des unterdrückten Geschlechtes kämpfte, noch in weiter Ferne lag, ist heute Realität. Doch wie sieht ein solcher Rollenwechsel im Alltag aus?

Dass die Männer ihre Herrscherdomäne kampflos aufgeben werden, mag erst einmal mit Kopfschütteln quittiert werden, sind sie es doch, die seit Jahrhunderten den Ton angeben, gleichsam aber auch stets dafür Sorge trugen, dass die Familie ihr Auskommen hatte. Und wenn eine Frau mehr verdient als der ihr gleichgestellte Mann und zudem noch an seinem Thron rüttelt, dann gerät das soziale Gefüge gehörig ins Wanken. Es sei denn, er lässt sich darauf ein. Und offenbar ist er gewillt, seine männlichen Ansprüche zu degradieren, denn wenn erst die Kasse klingelt, wird so manch ein Macho recht handzahm. Egal, wer das viele Geld verdient.

Immer jedoch klappt dies nicht. Die Scheidungsrate bei den über 35-jährigen Powerfrauen ist exorbitant hoch. Nachwuchspläne werden erst einmal hinten angestellt. Erfolg verlangt halt seinen Preis. Darüber hinaus steckt der Rollenwechsel (gefühlt) noch in den Kinderschuhen, weil dessen Akzeptanz erst einmal eine Durchdringung erfordert. Und was eigentlich für immer so galt und im Gesetzbuch der Männlichkeit geschrieben stand, das lässt sich nicht so einfach ausradieren. Zudem muss sich unsere Gesellschaft daran gewöhnen, den weinenden Mann in den Armen der schier unfehlbaren Karrierefrau als etwas Reales anzusehen. Erst wenn ein solches Bild zum Alltag gehört und er, der scheinbar Unterlegene, sich bereitwillig unterordnet, erst dann wird der Bann gebrochen sein.

„Du hast Selbstbewusstsein und Einkommen, bist Chefin deines eigenen Ladens, reist um die ganze Welt und kannst für dich selber sorgen“, zitiert das genannte ‚Pew Research Center‘ eine Jungunternehmerin in einer Studie. Doch wird sich ein Mann auf eine solche Frau einlassen? Das starke Geschlecht wird als Verlierer dastehen, komme was wolle. Zumindest aus dem Blickwinkel der Gleichberechtigung. Aber hat nicht er diesen Missstand erst angeheizt? Hat er nicht durch sein Verhalten des Unfehlbaren elementar dazu beigetragen, dass die Situation heute so ist, wie sie ist?

Der Weg zum Gipfel des Erfolgs ist für Frauen steiler als für Männer. Und er macht einsam – mitunter. Wenn jedoch beide Partner an einem Strang ziehen, dann springt der Zug des Althergebrachten ohne lautes Gepolter in ein neues Gleis. Und von dort aus geht’s ab in die Zukunft!

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