Frauengespräche

Wege der Liebe

Kurzgeschichte

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Ehrlich gesagt war die Party wirklich langweilig. So sehr sich die Gastgeberin auch bemühte, eine ausgelassene Stimmung wollte einfach nicht einkehren in unserem zwanglosen Beisammensein anlässlich des Geburtstages unserer Freundin Rosetta. Sie leitete unseren Reiterhof. Wir, die Gäste, waren die Einsteller, was nichts anderes besagt, als dass wir unsere Reitpferde bei ihr auf dem Hof in ihre Obhut gegeben hatten. Rosetta ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken, dennoch spürten diejenigen, die sie genauer beobachteten, dass – je später die Stunde schlug – ein Unbehagen in ihr aufstieg.

Es war kurz vor Mitternacht. Die Männer, zwei, drei unter ihnen noch Singles, sprachen dem Bier zu und feierten die Party auf ihre Weise. Die Frauen unterhielten sich. Plötzlich, wie aus dem Nichts, wurde die Tür aufgestoßen! Vor uns präsentierten sich Lisa und Jackie. Eine hübscher als die andere, genossen die beiden ihren späten Auftritt. Die Männer grölten, die Frauen sahen irritiert auf, ohne zu vergessen, dass die Party bereits vor ein paar Stunden begonnen hatte. Ich selbst hätte beide am liebsten zur Raison gebracht, wusste ich doch, dass sich fortan alles einzig um sie drehen würde. Und so war es dann auch. Die Musik wurde lauter, die Tanzfläche füllte sich, und die Stimmung, die bis dahin nicht eingekehrt war, mündete in einer Ausgelassenheit, die wir uns alle gewünscht hatten.

Lisa war bereits seit fünf Jahren Mitglied unserer Gemeinschaft und wenngleich sich ihr Ansinnen darauf beschränkte, zweimal in der Woche mit ihrer anmutigen Stute im umliegenden Gelände ein paar Runden zu drehen, besaß sie dennoch – darin waren wir uns einig – ein gewisses Talent im Umgang mit Pferden. Doch lag ihr weder etwas daran, ihre Stute zu trainieren, noch daran, an Turnieren teilzunehmen. Kurzum: Sie war nicht viel mehr als eine Freizeitreiterin.

Jackie hingegen war ambitioniert. Fast jeden Tag verbrachte sie auf dem Hof. Ihre Stute (was für ein Zufall!) war ihr ein und alles. Doch leider mangelte es der Reiterin an Begabung und so wunderte es nicht, dass es allein die Fürsorge war, die die beiden zusammenhielt.

Der Ruf, der den beiden an unserem Hof vorauseilte, war nicht der beste. Nicht, dass wir etwas gegen sie vorzubringen hatten, oder dass es in irgendeiner Weise Anlass zur Beschwerde gab, – nein, Lisa und Jackie passten einfach nicht in unsere Gemeinschaft. Und das war es, was uns alle störte. Die Ungeliebten waren jedoch gut betucht. Über ihre Einstellgebühren hinaus finanzierten sie das ein oder andere Extra, was für den Betrieb des Hofes wie ein Segen war.

Die Tanzfläche war nun der Dreh- und Angelpunkt. Die Männer benahmen sich wie kleine Kinder, – und mittendrin Lisa und Jackie. Wie aus heiterem Himmel gellte plötzlich ein Aufschrei durch unseren Clubraum: Yvonne, die an der Theke saß und das Treiben auf der Tanzfläche mit Argusaugen verfolgte, hatte ihren Freund dabei beobachtet, wie er Jackie an den Po fasste. Sogleich sprang sie auf, lief auf ihn zu und ohrfeigte ihn. „Haut doch ab!“ raunzte sie Lisa und Jackie an. Dann war alles ganz still. Keine Musik. Nur leises Stimmengewirr. Lisa und Jackie schoben ihre Gläser auf die Theke und verabschiedeten sich wortlos.

Am Tag darauf erschien Jackie nicht auf dem Hof. Und auch Tage später ward sie dort nicht gesehen. Lisa war ebenfalls wie vom Erdboden verschluckt. Und so beschlossen wir, am Wochenende eine Krisensitzung abzuhalten. Bei einer Tasse Kaffee wollten wir über alles reden. Doch dann kam alles ganz anders. Yvonne hatte das Zepter in die Hand genommen und giftete sogleich gegen Jackie: „Diese Schlange hat meinen Freund verführt!“ sagte sie aufgeregt und dann begann sie zu weinen. „Ich will mich ja nicht in Eure Beziehung einmischen“, wandte Claudia ein, „aber Lisa und Jackie deshalb zu verteufeln, erscheint mir als der falsche Weg. Immerhin war es dein Freund, der etwas Unredliches getan hat.“ Prompt verließ Yvonne verließ Sitzung.
„Wie gehen wir vor?“ fragte ich, da mir ganz besonders daran gelegen war, Frieden zu stiften. Kopfschütteln. Die Krisensitzung wurde vertagt.

Zwei Wochen später geschah etwas Sonderbares. Zu später Stunde beobachtete Claudia, die damit verdingt war, die Buchführung auf Vordermann zu bringen, durchs Fenster ihres Büros zwei Gestalten. Es waren Jackie und Yvonnes Freund, die sich im Schutze der Dunkelheit leidenschaftlich küssten.

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