Frauengespräche

Wie werde ich ein Optimist?

Ein Leitfaden für Zweifler

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Anna-Marias Lachen ist regelrecht ansteckend. Seit zwei Stunden sitzt sie nun mit ihren Freundinnen beim Kaffeeklatsch zusammen. Und seit gut einer Stunde hat sich auf ihrer Veranda eine Stimmung verbreitet, die vor guter Laune nur so strotzt.

Johann ist ein ausgewiesener Pessimist. Rein zufällig erhält er heute Besuch. Drei seiner Kumpels – von Natur aus eher solche der freundlichen Art – schneien plötzlich in seine Wohnung, als er gerade mit seiner Steuererklärung befasst ist. Natürlich muss er eine stattliche Summe nachzahlen – und ebenso natürlich beschwert er sich lauthals darüber. Solange, bis ihn seine Kumpels wieder verlassen.

Inzwischen treten auch Anna-Marias Freundinnen den Heimweg an. Eine ausgelassener als die andere. „Nächste Woche kommen wir wieder vorbei!“ ruft Jutta noch, als sie ins Auto steigt, und die anderen pflichten ihr bei.

Johanns Freunde schütteln derweil mit den Köpfen: „Das hätten wir uns sparen können“, lautet ihr Resümee. Johann hat ihnen die Laune verdorben.

Zwei Beispiele, die stellvertretend für viele stehen. Gute Laune wirkt ansteckend – eine schlechte indes verhagelt uns die Stimmung. Soweit nichts Neues, möchte man meinen. Warum aber gelingt es manchen Menschen mir nichts, dir nichts, uns mit ihrer lachenden Fröhlichkeit zu faszinieren, während uns die Miesepeter den Garaus machen?

„Fröhlichkeit, oder nennen wir es trefflicher eine optimistische Lebenseinstellung, ist ebenso angeboren wie eine pessimistische Grundhaltung“, erläutert uns ein Psychologe im Gespräch. „Nicht umsonst spricht man im Volksmund von einer wahren Frohnatur oder jenen, die zum Lachen in den Keller gehen. Sicherlich tragen gewisse Begleitumstände dazu bei, einen Menschen durch das Erlebte zu prägen – sowohl mit positiven als auch mit negativen Ausschlägen. Am Ende aber dominiert in der Regel die Grundhaltung. Einen Optimisten werden Sie in seiner Grundhaltung solange nicht erschüttern, bis ihm der Henker das Seil um den Hals gelegt hat. Der Pessimist hingegen steht zeitlebens mit einem Bein im Grab.“

„Lassen sich diese Grundhaltungen regulieren oder sogar ins Gegenteil wandeln?“ wollen wir wissen. „Ein solches Ansinnen ist damit gleichzusetzen, der Natur ins Handwerk zu pfuschen. Einen Pessimisten werden Sie niemals in einen Optimisten verwandeln, es sei denn, Sie stellen ihn ein.“

„Was bedeutet das?“

„In gravierenden Fällen können Patienten mit einer extrem negativen Grundhaltung medikamentös behandelt werden. Insbesondere Straftäter fallen in diesen Rahmen.

„Nun gibt es aber auch Menschen, die nur sehr bedingt in diesen ‚Rahmen‘ fallen. Wie verhält es sich mit denen?“

„Der Anteil derjenigen, die entweder überaus positiv oder gleichsam negativ geprägt sind, beläuft sich jeweils auf nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung. Es verbleiben folglich achtzig Prozent derjenigen, deren Grundhaltung irgendwo dazwischen liegt. Auf Hilfe angewiesen sind aber lediglich die extrem pessimistischen Menschen.

„Auf welche Art geschieht dies?“

„Fast immer in Form von Gesprächen, die darauf abzielen, Erkenntnisse zu erlangen.“

„Welche Erkenntnisse können das sein?“

„Die eine ist unglücklich verheiratet, die andere erstickt an ihren Schulden, und wieder eine andere fühlt sich nicht geliebt. Einmal habe ich eine Soldatin behandelt, die aus Afghanistan zurückgekehrt war. Solche Fälle sind aber eher die Ausnahme.“

„Und was raten Sie Ihren Patienten?“

„Ganz so einfach ist das nicht in ein Schema zu fügen. Meine Ratschläge sind von Mensch zu Mensch verschieden. Der unglücklich Verheirateten empfehle ich erst einmal eine Paar-Therapie, um danach weiter zu sehen. Die Schulden bekommt die Schuldnerberatung in den Griff. Bei der Soldatin verhält es sich weitaus schwieriger. Ein Trauma zu überwinden ist eine langwierige Angelegenheit.“

„Und was ist mit den ganz normalen Menschen, die zwischen Optimismus und Pessimismus stehen?“

„Die Gesamtmenge ist quasi zweigeteilt: Die obere Hälfte können wir vernachlässigen, ist sie doch durch ihre durchaus positive Grundhaltung auf dem besten Wege. Jene Hälfte aber, die den knapp zehn Prozent der extrem pessimistisch geprägten Menschen mitunter bedrohlich nahekommt, um die müssen wir uns kümmern.

Gehen wir’s nun an! Die Voraussetzung ist, dass Sie nicht zu den knapp zehn Prozent derjenigen gehören, die partout alles in Zweifel stellen. Erst einmal sollten Sie sich ganz bewusst vor Augen führen, dass Ihr Leben aus Höhen und Tiefen besteht. Und das ist auch gut so, denn, wenn alles stets reibungslos und Ihnen zur Freude verliefe, dann fehlte Ihrem Leben die Spannung, die vonnöten ist, um die positiven Momente ausreichend würdigen zu können. Das Problem der Zweifler, also jener, die ständig zwischen Optimismus und Pessimismus hin und her wanken, besteht darin, dass es ihnen an einer gewissen Gradlinigkeit im Denken und Fühlen fehlt.

Tipp Nr. 1
Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen!

Wenn Sie einen schönen Vormittag verlebt haben oder sich einen Film angesehen haben, der Sie so richtig bestärkt hat, dann lassen Sie diese Eindrücke bis zum Abend in aller Ruhe auf sich wirken, und vermeiden Sie in dieser Zeit, sich mit negativen Dingen zu befassen. Schieben Sie ganz einfach all das Lästige, das Belastende auf die lange Bank und denken Sie auch nicht daran.

Tipp Nr. 2
Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen guttun!

Es mag sein, dass Sie ein barmherziger Samariter sind, der gerne leidenden Mitmenschen auf die Sprünge hilft –, doch wenn Ihre Hilfe an unüberwindbare Grenzen stößt, dann sollten Sie die Reißleine ziehen.

Tipp Nr. 3
Versuchen Sie loszulassen!

Minimieren Sie für’s Erste all die Verpflichtungen, die Ihnen bisweilen den letzten Nerv rauben. Sie es der Besuch bei einem ungeliebten Freund, den Sie nur deshalb aufsuchen, weil Sie es schon immer so gehandhabt haben, oder ein Treffen mit den Freundinnen, die Ihnen eh nichts bedeuten.

Tipp Nr. 4
Delegieren Sie Ihre Probleme!

All das, was Ihnen zuwider ist, sollten Sie anderen überlassen, die dies – positiv gestimmt – gerne für Sie übernehmen. Das mag der Anruf beim Handwerker sein, weil die Heizung nicht funktioniert, ein notwendiger Einkauf im Baumarkt, den Sie schon seit ewigen Zeiten auf die lange Bank schieben, aber auch das Gespräch mit der Nachbarin, die sich darüber beschwert, dass Ihre Hecke über den Zaun wächst.

Tipp Nr. 5
Warten Sie erst einmal ab!

Jedes noch so große Problem entpuppt sich mitunter als gar nicht so gravierend und bedrohlich. Ein Beispiel: Ein heftiger Sturm hat das Dach Ihres Hauses so sehr beschädigt, dass die Ziegel weithin verstreut im Garten liegen. Nun stehen Sie vor dem Trümmerhaufen und wissen weder ein noch aus. Drei Wochen später hat sich alles wie von selbst erledigt, weil der Dachdecker wieder alles in Ordnung gebracht hat und die Versicherung die Kosten übernommen hat. Und nun sieht das Dach noch viel schöner aus. Warum also – um alles in der Welt – haben Sie sich, gleich nach dem Sturm so aufgeregt?

Tipp Nr. 6
Denken Sie positiv!

Das Haar in der Suppe zu suchen mag manchmal für eine gewisse Genugtuung sorgen – mehr aber nicht. Wer’s wirklich darauf anlegt, ein Optimist zu werden, der überspielt die Ereignisse, die einem einen Knüppel zwischen die Beine werfen, geflissentlich mit einer souveränen Kontenance. Bisweilen können selbst solche Erlebnisse dazu beitragen, den Optimismus zu stärken, nämlich dann, wenn Sie den ein oder anderen Fauxpas wie einen Witz auf die Schippe nehmen.

Neulich fand ich – pünktlich zum Wochenende – einen Brief vom Finanzamt in meinem Briefkasten. Einen dieser hellgrauen, die man sofort von den übrigen weißen unterscheidet. Und wissen Sie, wie ich reagiert habe? Ich habe ihn einfach liegengelassen, ihn auf Montag vertröstet und zwei schöne Tage verbracht. Ein solcher Prozess der Verdrängung beschert Ihnen zwar – spontan betrachtet – keine nachhaltige Lösung eines bevorstehenden, möglichen Problems –, erst einmal aber verschafft er Ihnen ein wenig Zeit, um über mögliche Konsequenzen nachdenken zu können. Auf diese Weise sind Sie viel eher gewappnet, auf das zu reagieren, was denn da kommen wird, als wenn Sie sofort vor vollendete Tatsachen gestellt würden.

In meinem Fall war dies die erwartete Nachzahlung ans Finanzamt, die allerdings etwas geringer ausfiel als ich es erwartet hatte. „Was aber wäre geschehen“, so frage ich mich, „wenn ich den besagten Brief gleich am Freitag geöffnet hätte?“ Mein Wochenende wäre getrübt gewesen. Nur deshalb, weil ich – ohne nachzudenken – einer pessimistisch geprägten Neugierde nachgegeben hätte.

„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, werden Sie nun kontern, doch bedenken Sie meinen

Tipp Nr. 7
Optimisten haben Ihre positive Lebenseinstellung sozusagen verinnerlicht

Regen Sie sich deshalb über ein mögliches Problem, das Ihnen bevorsteht, erst dann auf, wenn es tatsächlich zu einem Problem geworden ist. Es gibt Menschen – meist sind es Schwarzdenker, also Pessimisten –, die schon im Alter von vierzig Jahren Angst vor der Rente haben, wissend, dass sie dann deutliche finanzielle Einbußen erleiden werden. Und so klagen sie jahrelang über ihr Schicksal, obwohl das, was sie befürchten, noch längst nicht in Stein gemeißelt ist. Dass ein solches Lamentieren fast zwangsläufig dazu führt, ein negatives Gedankengut zu befeuern, muss ich Ihnen, der angehenden Optimistin, wohl nicht sagen.

Und nun sollten Sie’s angehen!

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